Auslaufmodell Printwerbung? Prospektmonitor 2023 zieht klare Bilanz
Veröffentlicht am 24.08.2023„Unnötig“, „verschwenderisch“ „nicht nachhaltig“ – gedruckte Prospekte sind seit Beginn der Digitalisierung zunehmend in Verruf geraten. Anstelle von Mehrwert für Konsumentinnen und Konsumenten sehen viele darin nur mehr eine Belastung für die Umwelt. Aber wie viel Wahrheit steckt hinter dieser weit verbreiteten Annahme? Sind Anzeigenblätter & Co. wirklich längst überholt – oder eher gnadenlos unterschätzt? Das IFH Köln (Institut für Handelsforschung) hat sich mit diesen Fragen genauer befasst: Für den Prospektmonitor 2023 wurden Online-Interviews mit über 1.200 Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren geführt. Dabei ging es nicht nur um die Nutzung von Werbemedien (Print und digital), sondern auch um Auswirkungen der Inflation und Glaubenssätze in Bezug auf Nachhaltigkeit. Am Ende stellte sich heraus: Der klassische Prospekt bleibt nach wie vor ein „Leitmedium in der Angebotskommunikation“.
Nutzung von Prospekten: Online vs. Print
- Über 60 % gaben an, wöchentlich oder sogar täglich Medien wie Anzeigenblätter, Prospekte, Handzettel und Flyer zu lesen.
- Dagegen greifen nur rund 50 % auf digitale Prospekte (z. B. Websites/Apps von Marktplätzen oder Newsletter) zurück.
Welche Prospektwerbung wurde 2022 täglich oder wöchentlich gelesen?
- 79 % Lebensmittel- und Getränkemärkte
- 56 % Drogeriemärkte
- 38 % Baumärkte
- 36 % Non-Food-Discounter
- 24 % Elektronikmärkte
Nutzung von Prospekten: Früher vs. Heute
- Seit 2016 bleibt das Interesse an gedruckten Prospekten konstant hoch: In diversen Studien bestätigten durchgehend über 90 % der Verbraucherinnen und Verbraucher, solche Medien mindestens gelegentlich zu lesen.
- Die Anzahl an Personen, die zu digitalen Prospekten greifen, ist in den letzten Jahren natürlich gestiegen. Parallel dazu steigt allerdings auch der Anteil an sog. „Hybridleserinnen und -lesern“ (also Personen, die beide Medien nutzen) – und zwar in ähnlichem Tempo.
Welche Prospektwerbung wird mindestens gelegentlich gelesen?
Nutzung von Prospekten: Alt vs. Jung
Ein weiteres Vorurteil, das der Prospektmonitor 2023 aus dem Weg räumt: „Printanzeigen werden doch höchstens noch von Seniorinnen und Senioren gelesen!“ Bei der diesjährigen Studie war tatsächlich kein bedeutender Zusammenhang zwischen Alter und bevorzugten Werbemitteln festzustellen. Über 90 % der Teilnehmenden gaben an, zumindest ab und zu gedruckte Prospekte durchzublättern. Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Person 18, 40 oder über 60 Jahre alt war. Bei digitalen Prospekten fiel die Diskrepanz zwischen den Altersgruppen ebenfalls relativ gering aus: 89 % der 18- bis 29-Jährigen und 76 % der über 60-Jährigen haben damit gelegentlich (oder häufiger) Kontakt.
In welchen Altersgruppen werden Printprospekte zumindest gelegentlich gelesen?
Printprospekte als Teil der Customer Journey
- 64 % der Interviewten können (laut eigener Aussage) durch Prospektangebote Geld sparen.
- 50 % lassen sich von Prospekten dazu inspirieren, neue Produkte auszuprobieren.
- 68 % planen ihre Einkäufe mithilfe von Prospekten (indem sie z. B. die Preise bei verschiedenen Geschäften vergleichen).
- 78 % der Befragten achten (laut eigener Aussage) aktuell mehr Sonderangebote – und 64 % nutzten Prospekte, um solche Sonderangebote ausfindig zu machen.
- 55 % kaufen seit Beginn der Wirtschaftskrise öfter bei Discountern ein – und 53 % sehen sich Prospekte an, bevor sie einen neuen Discounter zum ersten Mal besuchen.
Der direkte Weg zur Zielgruppe
- POSTAKTUELL: Ihre Werbung wird als unadressiertes Mailing mit der Deutschen Post verschickt. Ihr Verteilgebiet wählen sie entweder nach Umkreis oder PLZ aus.
- POSTWURFSPEZIAL: Ihre Werbung wird mit der Deutschen Post an ausgewählte Haushalte in Ihrer Umgebung verschickt. Dazu wählen Sie Ihre Zielgruppe nach soziodemografischen Merkmalen (z. B. Alter, Geschlecht, Kaufkraft) aus. Übrigens: Bei der Umfrage des IFH Köln waren es vor allem Personen mit Kindern, die Prospekte als hilfreich einstuften.
- Prospektverteilung: Ihre Werbung wird über regionale Verlage zugestellt – entweder gebündelt mit anderen Prospekten oder als Beilage in Zeitungen.
Prospektwerbung und Nachhaltigkeit: Mythen vs. Fakten
In den letzten Jahren ist Printwerbung vor allem wegen ihres potenziell schädlichen Einflusses auf die Umwelt in Verruf geraten. Kritische Stimmen warnen davor, dass wertvolle Ressourcen verschwendet und enorme Mengen an Müll produziert werden. Aber entsprechen diese Annahmen wirklich der Realität? Tatsächlich ist die Herstellung von Papier weitaus nachhaltiger als oft vermutet:
- In der europäischen Papierindustrie werden inzwischen über 90 % des verwendeten Wassers gereinigt und anschließend in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt.
- Papier zählt zu den am häufigsten recycelten Produkten weltweit. In Europa beläuft sich die Sammelquote auf über 70 %.
- Papier wird aus Holz hergestellt – einem vollständig erneuerbaren Rohstoff.
- In Europa wird Holz für Papier aus bewirtschafteten halbnatürlichen Wäldern (mit einem kontrollierten Zyklus von Pflanzung, Anbau und Ernte) gewonnen.
- Elektronische Medien sind nicht unbedingt eine nachhaltige Alternative: Beispielsweise verbraucht schon der E-Mail-Versand eines Fotos (mit 1 MB Datenvolumen) an 10 Personen so viel Energie wie eine Fahrtstrecke von 500 Metern mit dem Auto.